
Medientipps, Bestseller und Neuheiten
Medientipps, Bestseller und Neuheiten
Romane, Sachbücher, Klassiker, aktuelle Bestseller und nicht zu vergessen eine große Auswahl an Hörbücher, Filmen und Serien. Bei uns finden Sie bestimmt das Richtige. Außerdem können Sie aus über 100 Zeitungen und Magazinen wählen. Um die Auswahl zu erleichtern, haben wir an dieser Stelle ein paar Tipps zusammengestellt, die monatliche aktualisiert werden.
- Buchtipps
János Székely: Verlockung
Detebe 2016
Hier ist der Langzeit-Favorit zahlloser Menschen. Der Bauernjunge Béla arbeitet zwischen den beiden Weltkriegen als Liftboy in einem Budapester Grandhotel. Bittere Armut und überbordender Reichtum des Geldadels treffen aufeinander. Sinnliche, anregende Lektüre, die fast 1000-seitig zum Abtauchen taugt.
Christine Wunnicke: Die Dame mit der bemalten HandBerenberg 2020
Wir schreiben das Jahr 1764. Musa al Lahuri, Astronom am Hof des Herrschers von Jaipur, und Carsten Niebuhr, dänisch-deutscher Forschungsreisender im Orient, treffen wider alle Wahrscheinlichkeit aufeinander. Poetisch-leichtfüßige Kostbarkeit mit hintergründigem Humor und viel Lust am Spiel mit der Sprache. Ein kleines Wunder!
Iris Wolff: Die Unschärfe der WeltKlett-Cotta 2020
Wir haben durch Corona auch einiges gelernt: zum Beispiel innezuhalten. Hier ist das Buch dazu. Iris Wolff erzählt eine Familiengeschichte aus dem Banat in vier Generationen und schafft es zugleich, die Zeit stehenzulassen. Nichts hastet nach vorne, nichts will überlesen sein. Jedes Wort lässt Gegenwart spüren: sinnliche Eindrücke, Wahrnehmungen, Gefühle. Außergewöhnlich!
Ferdinand von Schirach: GOTT. Ein TheaterstückLuchterhand 2020
Ist es moralisch gesehen vertretbar, sein Leben selbst zu beenden, auch wenn man körperlich und geistig gesund ist? Und darf man dabei aus ethischer Sicht ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen?
Dieser Frage widmet sich die deutsche Ethikkommission bei einer Anhörung zum Fall Richard Gärtner. Dem 78-Jährigen bedeutet sein Leben nach dem Tod seiner Frau nichts mehr. Expertenmeinungen aus der Ärzteschaft, der katholischen Kirche und des Rechts werden eingeholt. Der Anwalt von Gärtner spielt den Advocatus Diaboli. Er zerpflückt die vorgetragenen Einwände und versucht so, dem Anliegen Gärtners eine Tür zu öffnen. Die Entscheidung wird – wie schon bei dem Stück „Terror“ von Schirach – dem Publikum überlassen.
Schirach gelingt ein Doppeltes: Er führt vor, wie in Zeiten medialer Schlammschlachten eine emotional aufgeladene Frage von allen Seiten beleuchtet wird - besonnen und unter Achtung der Kontrahenten. Und er spielt den Ball zurück an die Lesenden, die sich in den vorgetragenen Positionen wiederfinden können. Ein Buch, das Diskussionen im Freundeskreis auslösen soll und wird. Ein Buch, das die existenzielle Frage stellt: Wem gehört unser Leben? Jede/r wird sie auf seine persönliche Art beantworten wollen.
Sandra Weihs: Delilah
Czernin 2020
Penelope ist eine Schülerin, die es aufgegeben hat, nach Freundinnen zu suchen. Da tritt die neue Mitschülerin Delilah in ihr Leben, ein Vogel, dem von klein auf „das Lied der Freiheit geträllert wurde“. Und mit Delilah kommen Mut, Freundschaften, eine Clique und schließlich die erste Liebe.
Aber als Delilah eines Nachts wegen ihrer Unfähigkeit Nein zu sagen, vergewaltigt wird, geht ein Riss durch das Fundament der verschworenen Gemeinschaft. Penelope muss Farbe bekennen. Überlässt sie weiterhin Delilah die Führung für ihr Leben? Und wenn sie selbst das Ruder übernimmt, wählt sie das sichere Nest oder den freien Flug?
Ein sehr poetischer, zu Herzen gehender Roman einer jungen österreichischen Autorin mit einer ganz eigenen Sprachmelodie. Wer einmal SchülerIn war und sich an das Gefühl der offenen Zukunft als junger Mensch erinnern kann, taucht tief in diese sensible Gefühlswelt mit ein. Ein musikalisches Buch mit großer poetischer Strahlkraft.
Isabelle Autissier: Herz auf Eis
Mare 2017
Ein junges Paar kündigt sein vorhersehbares Leben auf und bricht zu einer Weltumsegelung auf. Ludovic, der erfolgsverwöhnte Sonnyboy, und Louise, die zierliche Bergsteigerin, geraten auf einer Insel in der antarktischen See in einen Sturm. Am nächsten Morgen ist ihr Schiff wie vom Erdboden verschluckt. Ab da beginnt ein Psychokrimi. Im Kampf ums Überleben wird ihre Liebe auf die Probe gestellt, aber nicht nur das. Die existenzielle Not bringt Seiten in ihnen zum Vorschein, die sie nie in sich vermutet hätten. Bis eine Entscheidung ansteht, die ihrer beider Schicksal auseinanderreißt.
Die Autorin ist im wahren Leben die erste Frau, die alleine die Welt umsegelt hat. Das erklärt die hohe Glaubwürdigkeit der Handlung. Die verzweifelten Rettungsversuche und Stimmungswechsel des Paares lassen uns hoffen und bangen. Dazu kommt die hohe Bildkraft der Sprache. Eine Reise nicht nur zu den Schönheiten der Erde, sondern auch zu den Triebkräften der menschlichen Natur.
Für alle, aber besonders für Menschen, die psychologische Spannung schätzen.
Ilija Trojanow: Doppelte SpurS. Fischer 2020
„Alles in diesem Roman ist wahr oder wahrscheinlich.“ Dieser Satz steht dem Buch voran. Auch wenn das Entsetzen über haarsträubende Machenschaften mich Zeile für Zeile nicht mehr loslässt – ja, das glaube ich.
Ilija bekommt sowohl von amerikanischer als auch russischer Seite geleakte Dokumente zugeschickt. Bei der Aufarbeitung wird klar, wie skrupellos Politfunktionäre beider Seiten mit Wahrheit, Geld und Macht umgehen. Wegen emotionaler Überforderung bekommt Ilija Verstärkung durch einen Journalisten-Kompagnon. Auch Emi gesellt sich dazu, die den Fall Sexueller Massenmissbrauch durch „Geoffrey Wasserstein“ aufarbeitet. Zwischen Ilija und Emi keimt ein Funke von Gefühl auf.
Ein Höllenritt durch die Umtriebe eines Konglomerats aus Mafia, Multimillionären und Politmanagern, die sich in ihrer Abgefeimtheit nicht voneinander unterscheiden. Trump und Putin bis zur Kenntlichkeit entstellt. Die Wärme der Liebesgeschichte als rettender Anker in einem Ozean der Kälte.
Obwohl harte Kost möchte ich kein Wort davon missen. Besser die Tiefe des Abgrunds kennen, als ahnungslos darüber hinwegzuspazieren.
Lisa Eckhart: Omama
Zsolnay 2020
Lisa Eckhart, die Grenzgängerin und Stein des Anstoßes im österreichischen Kabarett hat ihr erstes Buch geschrieben. Es soll von der Biografie ihrer Oma handeln, eigentlich ist es aber eine österreichische Provinzsatire von der Besatzungszeit bis in die 80er Jahre.
Wenn im gesellschaftlichen Diskurs die Grenze des Anstoßes bewusst vermieden wird, fühlt sich Lisa Eckhart genau dort und noch weit dahinter in ihrem Element. Wenn das Verschweigen beginnt, setzt sie ihre rhetorischen Scheinwerfer ein. Derbe Dialektwörter, findige Sprachassoziationen und Zuspitzung bis hin zur Farce sind ihre Mittel.
In Ihrer kabarettistischen Kunst macht sie Tabus sichtbar und leuchtet dunkle Winkel des gesellschaftlichen Bewusstseins aus. In einem Roman ermüdet aber der geballte Sprachwitz. Die Handlung verliert den roten Faden. Bösartige Beleidigungen, Obszönitäten und Unverschämtheiten aneinandergereiht verlieren die Wirkung. Eine Kürzung auf die Hälfte hätte dem Buch vielleicht gut getan.
Klaus Cäsar Zehrer: Das Genie
Diogenes 2017
1886 landet der junge russische Jude Boris Sidis mittellos in New York. 5 Jahre später beginnt er ein Psychologiestudium in Harvard, absolviert danach ein zusätzliches Medizindoktorat und treibt die Forschungen zu psychischen Krankheiten voran. Rastlos und bildungsvernarrt wie er ist, entwickelt er eine völlig neue Erziehungsmethode für seinen Sohn William.
Billy lernt mit 18 Monaten lesen und beginnt mit 11 Jahren, nach 3 Jahren Wartezeit ein Harvard-Studium. Er spricht 25 Sprachen. Da wendet sich das Blatt. Als Erwachsener zieht sich Billy immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück und nimmt Routinejobs im Büro an. Er lehnt die ungleiche Verteilung von Reichtum und Chancen ab und engagiert sich im Kommunismus.
Dass er nie gelernt hat, menschliche Wärme und Empathie zu empfinden, lässt ihn schließlich scheitern. Das spannende, episch ausgebreitete Schicksal eines Menschen, der das Heil der Menschheit allein in der Rationalität sucht. Zum Reinknien an regnerischen Sonntagen.
Kathrin Passig / Aleks Scholz: Handbuch für Zeitreisende
Rowohlt 2020
Herzlich willkommen im Pleistozän! Abenteuerurlaub in der ehemaligen DDR! Lassen Sie die Seele baumeln beim Urknall! Alles, was Zeitreisende wissen müssen, versammelt in einem inspirierenden Reiseführer. Wer sagt denn, dass in Zeiten von Corona keine Abenteuer mehr möglich sind?
Nachdem wir alles über die physikalischen Voraussetzungen für Zeitreisen erfahren haben, wenden wir uns den attraktiven Reisezielen zu. Wir erhalten Rat darüber, wie wir am besten in den Lauf der Geschichte eingreifen. Und wie wir mit Seuchen im Mittelalter und Toiletten im alten Rom umgehen.
Ganz nebenbei fällt es uns wie Schuppen von den Augen. Die Entdeckung des Penicillins 1928 war epochemachend. Und Island ragt im frühen Mittelalter als sehr empfehlenswertes Land heraus. Die genaue Datierung des Ankunftstermins ist komplizierter als man denkt, solange jedes kleine Land eine eigene Zeitrechnung pflegt. Und was es da noch an faszinierenden Details zu beachten gilt, bevor wir uns in das Wurmloch stürzen.
Geschichte für Weltenbummler, Reisen für Kopf-Globetrotter, Führung für Fantasten!
Samanta Schweblin: Hundert Augen
Suhrkamp 2020
Kentukis sind käufliche fahrbare Plüschfiguren, niedlich, aber auch irgendwie schäbig. In den schwarzen Knopfaugen der Kentukis verstecken sich Kameras. Sie übertragen jede Bewegung der Kentuki-Halter auf einen Computerbildschirm. Und irgendwo auf der Welt starrt ein Mensch, der sich den Zugang gekauft hat, darauf.
Diese Konstellation hat es in sich. Der Siegeszug der Kentukis ist nicht aufzuhalten. Da gibt es immer mehr Menschen, die einen Beobachter in ihr Leben einladen. Oder bis in die intimsten Regungen am Leben eines Andern mitnaschen wollen. Zum Beispiel das Kaninchen Emilia, eine einsame Rentnerin in Lima. Sie versucht, ihre „Betreuerin“ Eva zu warnen, da sie beobachtet, wie ihr Freund sie beklaut. Oder Katia und Amy. Mithilfe von peinlichen Videoaufnahmen ihrer Mitschülerin Susan wollen sie diese kompromittieren. Erpressung inclusive.
Wir verfolgen gebannt die Untiefen, in die Menschen geraten, wenn sie glauben, anonym bleiben zu können. Aber mit der Anonymität ist das so eine Sache… Nach Art eines Psychothrillers entwickeln sich die Beziehungen in eine Richtung, die nicht vorhersehbar war. Ein grauenerregendes und faszinierendes Experiment mit der menschlichen Psyche. Und das ist kein Zukunftsroman!
Helena Adler: Die Infantin trägt den Scheitel links.
Jung und Jung 2020
Eine Kindheit auf dem Bauernhof. Zugleich eine Parforcejagd durch die Hölle. Jedes Wort ein Treffer. Die Urgroßeltern sind schon zu alt zum Sterben. Die Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits sind verfeindet wie die Montagues und Capulets. Die Eltern verdreschen sich gegenseitig. Die älteren Zwillingsschwestern piesacken die Jüngste mit sardonischer Freude. Und mittendrin das keineswegs unschuldige Ich, das wie aus Notwehr das elterliche Heim abfackelt.
Adler beherrscht die Sprache, wie ich es bisher noch nicht lesen konnte. Weltliterarische Anspielungen und Ausflüge in die ordinärsten Schmutzkübel wechseln sich ab. Dialektbeschimpfungen erhöhen die Fallhöhe der Bibelzitate. Berühmte Gemälde werden herbeizitiert und sprachliche Bilder beschworen, die wie der Blitz einschlagen.
Das Buch ist auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis und für den Österreichischen Buchpreis nominiert. Die bäuerische Originalität ihrer Sprache ist so erfrischend, dass ich ihr jeden Preis gönne. Ihre Beobachtungsgabe ist fast schon mörderisch. Ein ganz besonderes Ausnahmetalent, das die Gehirnzellen gehörig aufwirbelt.
Robert Seethaler: Der letzte Satz
Hanser 2020
Gustav Mahler sitzt an Deck des Schiffes „America“ mit Ziel Europa, in eine warme Wolldecke gewickelt. Er weiß, dass er sterben wird. Ein Strom von Gedanken und Erinnerungen zieht an ihm vorbei. Seine musikalischen Erfolge in Wien und New York, das Scheitern seiner Ehe mit Alma, der traumatische Tod seiner Lieblingstochter Maria. Ein 15-jähriger Schiffsjunge wartet ihm auf. Er lässt sich nicht abschrecken vom ruppigen Ton Mahlers und kommt mit ihm ins Gespräch.
Seethaler möchte sein Buch nicht als biographische Annäherung an die historische Person Mahlers verstehen, sondern als eigenständiges künstlerisches Werk. Eine leise Melancholie durchzieht die Sätze. Der glasklare Stil Seethalers, der sich Zeit nimmt und Pausen lässt für das Nachdenken, streichelt die Seele. Dennoch muss ich mich manchen Kritikern anschließen: der Charakter Mahlers bleibt zu schemenhaft. Und viele Gedanken Mahlers bleiben im Belanglosen stecken.
Ein hochgepriesenes Werk, das bei mir nicht angekommen ist. Bitte selbst nachprüfen und gerne mit mir in Austausch gehen!
Amir Hassan Cheheltan: Der Zirkel der Literaturliebhaber
C.H. Beck 2020
Dies ist kein Roman, eher ein leidenschaftliches Zeugnis für die Liebe zur Literatur. Cheheltan nahm schon als Jugendlicher am Literaturzirkel seines Vaters teil. Mitten in Teheran versammelte dieser 32 Jahre lang 8 Literaturbegeisterte zum wöchentlichen Diskussionsabend.
Das Buch erhält seine Spannung durch einen extremen Kontrast. Die Unterdrückungsmaßnahmen des Regimes – sei es unter dem Schah oder unter den islamischen Religionsführern - stehen Cheheltans schwärmerischer Hingabe an die klassische persische Literatur gegenüber. Hier findet er – auch sexuelle - Freizügigkeit und Realismus statt Ideologie und Heuchelei. Doch auf die Dauer bricht sogar in diese heile Parallelwelt die Brutalität ein.
Ein erstaunlicher Einblick darin, wie die Literatur eines jahrtausendealten Kulturvolkes in homoerotischen Fantasien schwelgt. Wir nehmen betroffen an der überlebensnotwendigen Abwehrstrategie eines Literaten unter schwierigsten Bedingungen teil.
Ein zugleich irritierendes und mitreißendes Buch.
Marco Balzano: Ich bleibe hier
Diogenes 2020
Wer den aus dem Reschensee herausragenden Kirchturm kennt, möchte gerne die Geschichte dahinter kennenlernen. Marco Balzano hat eine ergreifende Handlung mit historischer Faktentreue verbunden.
Trina ist eine junge Deutschlehrerin aus Graun/Südtirol, eher menschenscheu und „eigensinnig“. In den dreißiger Jahren ballen sich dunkle Wolken am politischen Himmel zusammen. Die aufkommenden Faschisten unter Mussolini setzen alles daran, Südtirol das Deutsche auszutreiben. Die „große Option“ Hitlers stellt die Südtiroler vor die Wahl: entweder Verlust der Heimat durch Auswanderung oder Verlust der Sprache durch Italianisierung. Der Nationalsozialismus fasziniert immer mehr junge Männer.
Trinas Leben, aufgerieben zwischen landwirtschaftlicher Arbeit, Kinderfürsorge und politischer Unterdrückung, ist kein leichtes. Wie ein Damoklesschwert hängt der Bau des größten Staudamms Europas über dem Dorf. Dennoch finden ihr Mann Erich und sie einen Weg zusammenzuhalten und den immer schlimmer werdenden Zumutungen zu trotzen.
Ein tief beeindruckendes Lebenspanorama inmitten der für Südtirol schlimmsten Jahrzehnte. Literarisch feinfühlig und charakterstark erzählt. Für alle!
Hubert Achleitner: flüchtigZsolnay 2020
Hubert von Goisern hat seinen ersten Roman geschrieben und mit Hilfe von Wolfgang Köhlmeier sofort den richtigen Verlag gefunden. Seine musikalischen Fähigkeiten kommen auch in diesem Buch, das vollständig ohne Bösewichte auskommt, zum Tragen. Ein Gefühl für Sprachmelodien und überaus treffende und kreative Vergleiche machen das Lesen zum Genuss. Sanft und menschenfreundlich wird das seit 30 Jahren verheiratete Paar Maria und Herwig durch Aufbrüche und Abenteuer, Seiten- und Abwege, Glücksmomente und Leidensstrecken geführt. Ab und an spürt man den Autor durch seine Figuren durchschimmern.
Ein emotionales Buch, das mit Marias Weg zum Heiligen Berg Athos in Griechenland eine Reise ins Spirituelle verknüpft. Aufgrund der sprachlichen Kreativität und der trotz aller beschriebenen Krisen positiven Grundstimmung ein Lesevergnügen!
Ayelet Gundar-Goshen: Löwen weckenKein & Aber 2016
Ein Buch, das auf 14 Auflagen zurückschauen kann, und aktueller nicht sein könnte. Ein israelischer Neurochirurg überfährt einen illegalen Einwanderer. Der Eritreer liegt im Sterben. Wenn er den Unfall meldet, wird sein eigenes Leben auf den Kopf gestellt, dem Mann aber trotzdem nicht geholfen. Also fährt er weiter.
Dumm nur, dass die Frau des Toten am nächsten Tag Bedingungen stellt für ihr Schweigen. Bedingungen, die sein altes Leben aus den Angeln heben. Ungewollt vermischt sich sein Schicksal mit den sonst unsichtbaren Schatten der illegalen Existenzen.
Ein begeisterndes Buch, weil die Autorin vor nichts Angst hat. Keine Angst vor den Untiefen der menschlichen Feigheit, keine Scheu vor archaischen körperlichen Regungen, keine Illusionen über die Kluft zwischen Mensch und Mensch. Unweigerlich fragen wir uns selbst, wie wir handeln würden von Wendung zu Wendung – und davon gibt es viele! Ein Buch zur Selbsterkundung an der Hand einer unerschrockenen Autorin – grandios!
Xaver Bayer: Geschichten mit MarianneJung und Jung 2020
Eine Sammlung von 20 Geschichten, die es in sich haben!Es läuft immer nach dem gleichen Muster ab. Der Ich-Erzähler verwickelt sich bei harmlosen Spielchen oder geplanten kleinen Abenteuern in haarsträubende Horrortrips. Gleichmütig stellt er sich den irrwitzigen Herausforderungen seiner kafkaesken Erlebnisse. Einzige Gefährtin oder auch Initiatorin oder Begleiterin ist Marianne. Sie stellt hinter den Kulissen die Weichen oder stiftet zum Aufbruch an, immer aber ist sie gesichtslos und ziemlich dominant.
Vorsicht: Das Abirren in alptraumhafte Szenen hat mich geradezu süchtig gemacht. Beim „Zirkus des Grauens“ z.B. kämpfte mein Sinn fürs Makabre mit der Lust am Gelächter (das mir zugleich im Halse stecken blieb). Für LiebhaberInnen skurriler Erfahrungen und zwiespältiger Gefühlszustände.
- Hörbuchtipps
Das Grab im Moor
Eine Schatzkarte ihres verstorbenen Großvaters führt eine junge Amerikanerin in die schottischen Highlands zu einem abgelegenen Ort mitten im Moor: Dort stößt sie auf ein vergrabenes, erstaunlich gut erhaltenes Motorrad, Baujahr 1944 – und auf eine männliche Leiche deutlich jüngeren Datums. DCI Karen Pirie, spezialisiert auf Cold Cases, ist eigentlich wegen eines anderen Falles in der Gegend, doch der Tote im Moor lässt ihr keine Ruhe.
Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
Neapel in den Neunzigerjahren: Die dreizehnjährige Giovanna ist Vorzeigetochter kultivierter Mittelschichtseltern und eine strebsame Schülerin. Doch plötzlich verändert sich alles, ihr Körper, ihre Stimmung, ihre schulische Leistung und ihr Verhältnis zu den Eltern. Zufällig stößt Giovanna auf ein großes Tabu: die Vergangenheit ihres Vaters, der aus einem ganz anderen Neapel stammt, einem leidenschaftlichen, vulgären Neapel.
Robinsons Tochter
England 1904 – Polly, mit sechs Jahren schon eine Pflegefamilien-Veteranin, kommt zu ihren frommen Tanten in das gelbe Haus am Meer. Hier gibt es kaum Unterhaltung, aber es gibt Bücher, und lesend entwickelt sich Polly unbemerkt zu einer stillen, unbeugsamen Rebellin. Ein Buch liest sie immer wieder: »Robinson Crusoe« wird zu ihrem Kompass in jeder Lebenslage. Ihre eigene einsame Insel verlässt Polly Flint nie ganz.
Olga Tokarczuk: Gesang der FlusskrebseEine etwas verschrobene ältere Frau mit einem Faible für den Sternenhimmel und die Tiere, die sie umgeben, entwickelt kuriose Theorien über an Tieren vergangene Verbrechen und begibt sich dadurch in Gefahr. Das Buch ist ein Plädoyer für den sorgsamen Umgang mit der Natur. Die polnische Autorin hat mit diesem humanen Buch - einem Plädoyer für den sorgsamen Umgang mit der Natur - ... durchaus den Zeitgeist getroffen. Nachdem die Autorin 2019 den Literaturnobelpreis erhalten hat, erscheint erstmals ein Roman von ihr als Hörbuch
- Filmtipps
FACE_It!
Ein Pilotprojekt am S-Bahnhof Berlin-Südkreuz zur digitalen Gesichtserkennung dient dem dokumentarischen Essay als Ausgangspunkt für einen philosophischen Diskurs über die Gefahren und Grenzen des „Digitalismus“. In Gesprächen mit Politikern, Kunsthistorikern und Medienkünstlern verfolgt der Film die Frage, wem die Codierung des Gesichts nutzt und wo deren Grenzen liegen.
Regie: Gerd Conradt, Deutschland 2019, Dokumentation, 84 Minuten
La Vérité – Leben und Lügen lassen
Fabienne ist eine französische Schauspielerin und hat ihre Memoiren geschrieben und veröffentlicht. Ihre Tochter Lumir ist darüber gar nicht froh. Besonders als sie feststellen muss, dass die Geschichte, die ihre Mutter verkaufen will, so nicht stimmt. Sie stellt sich als liebende Mutter dar. Doch Lumir erinnert sich an eine Frau, die um jeden Preis im Scheinwerferlicht stehen wollte. Lumir kehrt mit ihrem Mann und ihrem Kind aus New York zurück nach Paris und will ihre Mutter zur Rede stellen.
Regie: Hirokazu Koreeda, Frankreich/Japan 2019, Drama/Liebe, 103 Minuten
Little Joe – Glück ist ein GeschäftDie alleinerziehende Mutter und Wissenschaftlerin Alice hat sich voll und ganz ihrem Beruf verschrieben. Als Biologin hat sie etwas Denkwürdiges erschaffen: Eine purpurrote Blume, die eine ganz einzigartige Wirkung hat – bei idealer Raumtemperatur und ausreichender Zuwendung macht ihr Duft die Menschen glücklich! Heimlich nimmt Alice eine der Pflanzen für ihren 13-jährigen Sohn Joe mit nach Hause, sie nennen sie „Little Joe“. Doch je weiter die geheimnisvolle Blume wächst, desto mehr verändern sich die Menschen in Alices Umfeld. Ihr Verdacht wächst, dass ihre Schöpfung womöglich nicht so harmlos und glückverheißend ist, wie es ursprünglich geplant war …
Regie: Jessica Hausner, A/D/UK 2019, Science-Fiction/Drama, 102 Minuten
- Bestseller
Hier finden Sie eine Zusammenstellung aktueller Bestsellerlisten sowie die ORF Bestenliste:
- Neuerwerbungen
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